Ob auf einer Sportanlage oder einem Fußballplatz ein Fußballspiel durchgeführt werden kann oder darf wird von zwei Institutionen mit unterschiedlichem Aufgabenbereich entschieden.
1. Der Platzbetreiber
Dies ist in Hamburg üblicher Weise das zuständige Bezirksamt (Behörde in der die Sportanlagen verwaltet werden) vertreten durch den Platzwart vor Ort. In Einzelfällen bei privat betriebenen Sportanlagen ist dies i.d.R ein Verein oder eine Betreibergesellschaft, vertreten durch eine vom Betreiber beauftragte Person. vor Ort.
Der Platzbetreiber entscheidet nur darüber ob eine Sportanlage oder ein einzelner Fußballplatz benutzt werden darf. Entgegen langläufiger Meinung darf der Platzbetreiber kein Spiel absagen, wenn der Platz von Seiten des Betreibers als solches Freigegeben ist.
2. Der Schiedsrichter
Sofern der Platzbetreiber entscheidet ob ein Platz benutzt werden darf, entscheidet der angesetzte Schiedsrichter darüber ob auf dem Platz auch ein Fussballspiel durchgeführt werden kann.
Dies hat der Schiedsrichter in jedem Fall vor Ort und nach persönlicher Begutachtung für den jeweiligen Einzelfall zu entscheiden.
Auf Anforderung des Heimvereins kann der Schiedsrichter des spielklassenhöchsten Pflichtspiels die Bespielbarkeit vor dem ersten Pflichtspiel des Kalendertages oder am Abend zuvor, die Sportanlage begutachten und alle angesetzten Spiele absagen. Dies macht allerdings nur Sinn, wenn abzusehen ist, das es sich hierbei nicht nur um eine temporäre Einschränkung handelt.
Merkregel: Der Platzwart entscheidet darüber ob ein Fußballplatz oder eine Sportanlage benutzt werden darf. Der Schiedsrichter entscheidet darüber ob ein Fußballspiel auf einem Platz nach den Fußballregeln durchführbar ist, sofern es der Platzwart erlaubt.
Quellen:
- Durchführungsbestimmungen des HFV für die Saison 2020/2012 [Abschnitt 2.4.1. Richtlinien für die Absage auf vereinseigenen bzw. von den Behörden/Gemeinden übertragenen Platzanlagen]
- Durchführungsbestimmungen des HFV für die Saison 2020/2012 [Abschnitt 2.4.1.1 Richtlinien für die Absage auf vereinseigenen bzw. von den Behörden oder Gemeinden übertragenen Platzanlagen (nicht Kunstrasen)]
- Durchführungsbestimmungen des HFV für die Saison 2020/2012 [Abschnitt 2.4.2. Richtlinien für die Absage auf Kunstrasenplätzen]
3. Hilfestellungen
Der Platzwart (oder vergleichbare Funktion)
entscheidet ausschließlich über die Bespielbarkeit eines Platzes. Seine Entscheidungsgrundlage ist,
- ob ein Platz durch das Bespielen übermässig beschädigt wird. Ein Kunstrasen ist da sehr unempfindlich, bei Rasen- und Hartplätzen ist dies z.T. extrem Platzabhängig.
- ob generell Gründe vorliegen die den Spielbetrieb verbieten (z.B. Reparaturen/Sanierungen, Gewitter, durch das Bezirksamt /die Gemeinde /dem Platzbetreiber vorgesehene Nutzungseinschränkungen)
- Besondere Sicherheitsbedenken im Umfeld des Platzes oder der Spielstätte. Wird i.d.R mit der zuständigen Gemeinde oder staatlichen Ordnungskräften abgestimmt.
- Ozon-, Smogalarm, Katastrophenalarm o.Ä. auf Anweisung der zuständigen Gemeinde oder staatlichen Ordnungskräften.
Für bestimmte Spielklassen gibt es hierfür zusätzlich gesondert eine Platzkommission die diese Entscheidung vornimmt.
Die Freigabe eines Platzes durch den Platzwart (oder vergleichbare Funktion) bedeutet jedoch nicht, das ein Spiel nach Fußball Regeln auch durchgeführt werden kann bzw. darf.
Das bedeutet für den SR:
Die Aussage des Platzwartes "Ihr dürft Spielen" entbindet den SR nicht von der Pflicht die Platzkontrolle durchzuführen und eine Durchführbarkeit des Spieles nach den Fußball Regeln festzustellen!
Die Feststellung der Durchführbarkeit eines Fußballspiels liegt nicht in der Verantwortung des Platzwartes.
Der Schiedsrichter
entscheidet über die Durchführbarkeit eines Fußballspiels. Dies ist immer und ohne Ausnahme durch Begutachtung Vorort zu entscheiden. Wir Schiedsrichter stellen die Durchführbarkeit eines Fußballspiels bei der nach Regelwerk vorgeschriebenen Platzbegehung fest.
Hierzu ein paar Hilfestellungen:
- Der Ordnungsgemäße Platzaufbau incl. Kreidung ist ein zwingendes Erfordernis für die Durchführbarkeit eines Fußballspiels.(Siehe Regel 1 und entsprechende Durchführungsbestimmungen)
- Eine funktionierende Torsicherung. (Achtung hier ist der Schiedsrichter bei Unfällen in persönlicher Haftung -> Fahrlässige Körperverletzung § 229 StGB oder bei Todesfolge §227 StGB)
- Übermäßige Verletzungsgefahr z.B. durch Löcher (sog. Kaninchenlöcher) auf dem Platz oder gefährliche Gegenstände auf oder unmittelbar neben dem Platz die zu Verletzungen führen können.
- Große zusammenhängende Wasserflächen, die ein Springen und/oder Rollen des Balls verhindern.
Daumenregel: Zusammenhängende Wasserflächen die im einzelnen grösser als 1/2 Strafraum sind und die Ballbewegung wesentlich beeinflussen. Beispielgebend sollte hierfür die "Wasserschacht von Frankfurt WM1974" sein. Siehe auch: https://de.wikipedia.org/wiki/Wasserschlacht_von_Frankfurt - Große zusammenhängende, feste und schneefreie Eisflächen (Größe siehe Wasserflächen). Zerbröselndes Eis ist hierbei nicht gemeint, jedoch scharfkantige große Eisschollen.
- Windeinflüsse. Daumenregel: Wenn der Wind einen ruhende Ball permanent wegbläst und somit bspw. kein Anstoß möglich ist. Einzelne Böen oder Windstöße rechtfertigen dies nicht.
- Gewitter
- Große zusammenhängende Matschflächen (größe siehe Wasserflächen) Daumenregel: Bei stehendem Fuß versinkt der Knöchel im Matsch.
- Kälte, Ozon, Smog etc. (Siehe Durchführungsbestimmungen DFB/ HFV)
- Unzureichende Sichtbedingungen. Daumenregeln:
- Bei Nebel: Von der Torlinie aus muss das gegenüberliegende Tor erkennbar sein.
- Bei Dunkelheit oder Flutlichtausfall: Wie bei Nebel, zusätzlich müssen die Auslinien von SR-üblichen Positionen für den SR erkennbar sein. Dies gilt auch bei Teilausfällen des Flutlichts (Stichwort gleichmäßige Ausleuchtung).
- Verhalten von Zuschauern oder sonstigen Drittpersonen.
- Besondere Sicherheitsbedenken im Umfeld des Platzes oder der Spielstätte.
Der Schiedsrichter trifft hierbei eine Tatsachenentscheidung, die in seinem Ermessen sowie seiner Beurteilung und Verantwortung liegt.
Oft als Grund für eine Undurchführbarkeit eines Fußballspiels fälschlicher Weise angegeben:
- Eine rutschige Oberfläche ist kein Grund ein Spiel nicht anzupfeifen. Hier gilt: wer rutscht trägt falsches Schuhwerk. Jedoch ist eine zusammenhängende gefrorene Eisfläche (wie bei einem zugefrorenem See, Größe siehe Oben) ein Grund ein Spiel nicht anzupfeifen.
- Ein "holperiger" Platz, im Volksmund auch "Acker" genannt ist kein Grund ein Spiel nicht anzupfeifen. Obwohl hier häufig mit "erhöhter Verletzungsgefahr" argumentiert wird.
- Eine geschlossene oder auch unterbrochene (oder auch harschige) Schneedecke ist kein Grund ein Spiel nicht durchzuführen. Jedoch ist beim Platzaufbau zu beachten, das Linien erkennbar sind oder mit geeigneten Hütchen/Stangen (siehe Durchführungsbestimmungen) besonders gekennzeichnet werden.
- Nicht zusammenhängende Pfützen insbes. in der Mitte des Torraumes oder an besonders ausgetretenen Stellen sind kein Grund ein Spiel nicht anzupfeifen.
- Eine "seifige" Oberfläche (bspw. auf einem Rasenplatz) ist kein Grund ein Spiel nicht anzupfeifen.
- Schiedsrichter und Mannschaften sind nicht verantwortlich für Schäden am Platz die durch den Spielbetrieb entstehen, wenn der Platzwart diesen freigegeben hat.
- Ein "zu harter Untergrund" ist zwar generell verletzungsgefährdender als weiches Gras aber kein
Grund ein Spiel nicht anzupfeifen. - Ein "gefrorener Untergrund" liegt in der Verantwortung des Platzwartes. Schiedsrichter und Mannschaften sind nicht verantwortlich für Schäden am Platz die durch den Spielbetrieb entstehen, wenn der Platzwart diesen freigegeben hat.
Zusätzlich hierbei als Schiedsrichter zu beachten:
Im Laufe eines Fußballspieles können sich die Verhältnisse ändern. Wenn zu Spielbeginn festgestellt wird, das ein Fußballspiel durchführbar ist, kann sich dies im Laufe des Spieles ändern.
Gegebenenfalls muss ein Fußballspiel dann
- unterbrochen werden bis das Spiel wieder durchgeführt werden kann oder Mängel abgestellt sind
- abgebrochen werden, wenn erkennbar ist, das das Spiel nicht mehr weitergeführt werden kann.
Bei längerer Unterbrechung oder Spielabbruch ist generell ein Sonderbericht zu fertigen und dem Spielbericht beizufügen. Falls nötig oder möglich solltet ihr Foto´s machen, die Eure Entscheidung belegen und dem Sonderbericht beifügen.
Verfahren bei einem nicht durchgeführtem Spiel:
Wenn der Platzwart den Platz nicht freigibt.
Das Spiel gilt als Spielausfall, der Heimverein ist in der Pflicht dies dem Verband in geeigneter Weise zu melden und -wenn möglich- den Gastverein und die Schiedsrichter zeitgerecht über eine Platzsperre zu unterrichten.
Das Spiel darf nicht durchgeführt werden!
Wenn der Schiedsrichter eine Undurchführbarkeit des Spieles feststellt.
Egal, ob es sich um einen Spielabbruch oder ein nicht durchgeführtes Spiel handelt ist in jedem Fall der zuständige SR-Vereinsobmann oder der BSA-Obmann unmittelbar und unverzüglich nach der Entscheidung fernmündlich zu informieren
In jedem Fall ist ein Sonderbericht für den Verband zu fertigen, der die Gründe für den Abbruch bzw. den Spielausfall erklärt.
Besonderheit bei Freundschaftsspielen:
Gerade bei besonderen Witterungs- oder Platzverhältnissen sollten Freundschaftsspiele im Interesse der Gesundheit im Zweifel nicht durchgeführt werden.
Hierbei dürfen gerne auch wesentlich kleinlichere Maßstäbe bezüglich der Nichtdurchführung oder des Abbruchs angelegt werden als bei Pflichtspielen.
Als SR- sollte man es den Mannschaften selber überlassen ob sie unter den gegebenen Umständen spielen wollen oder nicht.
Für den SR gilt dennoch, das er ein Spiel nicht anpfeifen/fortsetzen darf, wenn o.g. Gründe dagegen sprechen!
Das nicht durchgeführte Spiel ist im DFB-net entweder als "Absage" durch den Heimverein oder als "Nichtantritt" einer der Mannschaften (oder beider) durch den SR zu dokumentieren. Bei Abbruch ist zusätzlich ein Sonderbericht zu fertigen, der den Grund für den Abbruch beschreibt.
Achtung: Sobald ein SR die Tatsachenentscheidung getroffen hat ein Spiel nicht durchzuführen oder abzubrechen, darf dieses Spiel auch nicht mehr in eigener Regie durchgeführt werden.
Die Übernahme eines derartigen Spieles durch einen anderen Schiedsrichter ist generell verboten. Dies gilt auch für Freundschaftsspiele.
Auswirkungen bei einem nicht durchgeführtem Spiel (informativ)
Über die Auswirkungen, die eine nicht Durchführung oder der Abbruch eines Fußballspiels hat entscheidet der zuständige Fußball Verband im Einzelfall, bei Würdigung aller Tatsachen, die zu dieser Entscheidung führten.
Eine pauschale Aussage darüber ob ein Spiel wiederholt wird, ob es zu einer Spielwertung "am grünen Tisch" bzw. durch ein Urteil kommt oder ob ein Spiel nicht wiederholt wird, ist immer vom Einzelfall abhängig.
Mit Ausnahme der Torsicherung kann ein Schiedsrichter für eine Entscheidung die die Durchführbarkeit oder Undurchführbarkeit eines Spieles betrifft nicht haftbar gemacht werden. (Siehe Regel 5 Abs. 6)